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Territorialanalyse oder die Suche nach der natürlichen Telefonzelle

Territorialanalyse oder die Suche nach der natürlichen Telefonzelle

Territorialanalyse oder die Suche nach der natürlichen Telefonzelle

„Wer hat das Wasser dort lokalisiert, wo es jetzt ist? Der spirituelle Vater war es, der Seen, Flüsse und Regen hinterlassen hat, damit sie sich um die Kinder (Tiere, Bäume, Pflanzen, Lebensmittel…) kümmern – jetzt und in Zukunft.“

Für die Kogi ist das Hüten und Bewahren (Kümmern) von „heiligen“ Orten zentral und selbstverständlich. Orte, wo die ursprüngliche Ordnung gespeichert ist und an denen die natürlichen Gesetze für das lokale Ökosystem ungestört wirken können – diese Orte verwalten sich sozusagen aus sich selbst heraus, wenn man sie lässt. Und darum geht es den Kogi: um den Schutz des Ursprungs und das Ungestörtsein der natürlichen Systeme – so wie die spirituellen Väter und Mütter es uns hinterlassen haben.

Auf dem Scheuerhof Permakultur in Wittlich haben wir einen Einblick in diesen gelebten, intensiven Kontakt der Kogi mit der Natur erhaschen dürfen. Unter der Überschrift „Territorialanalyse“ fand zusammen mit den Kogi eine Begehung des Scheuerhofes (Schwerpunkt ganzheitliches Weidemanagement) kombiniert mit dem Hineinspüren in die natürliche Ordnung der umgebenden Landschaft statt.

Die Maare und der Neuerburger Kopf nahe dem Scheuerhof Permakultur in Wittlich

Der Scheuerhof liegt südlich – ganz nah – an der westlichen Vulkaneifel, dort, wo während der jüngsten Erdgeschichte (Quartär) vulkanische Erscheinungen das sehr alte – bis ca. 400 Millionen Jahre – Rheinische Schiefergebirge durchbrochen haben und heute ein einzigartiges Landschaftsbild aus Maaren, Kratern, Vulkankuppen, Schlackenkegel und Lavaströme geschaffen haben. Es gibt hier übrigens insgesamt ca. 50 Maare. Allerdings sind nur noch wenige mit Wasser gefüllt – und nur die kreisrunden mit Wasser gefüllten Maare fallen heute besonders ins Auge.

Das Umfeld des Scheuerhofes ist Teil einer alten geologischen Senke – die Wittlicher Senke. Das ist eine Beckenstruktur – wie eine große Mulde – in der sich im alten Perm (vor ca. 300-260 Millionen Jahren) Abtragungsmaterial aus höher gelegenen Bereichen des damals jungen Rheinischen Schiefergebirges (Varisziden) durch Erosion abgelagert hat: die rötlichen Sandsteine des “Rotliegenden“. In den darauffolgenden 10 Millionen Jahre senkte sich dieser Bereich noch stärker und sehr großräumig ab, sodass ein riesiges Becken entstand, das mit Meerwasser geflutet wurde. Dieses Zechsteinmeer erstreckte sich vom heutigen England bis ins heutige Baltikum und vom heutigen nördlichen Nordseeraum bis ins heutige Südwestdeutschland.

Die Sandsteine des Rotliegenden findet man heute im Neuerburger Kopf und im Lüxemberg in unmittelbarer Nähe des Scheuerhofes. Obwohl diese Kuppen Vulkankuppen vortäuschen, sind sie es nicht. Ihre Erscheinung haben sie aber trotzdem Vulkanen zu verdanken, die hier wohl vor 108 Millionen Jahren tätig waren (und damit deutlich früher als der „Maarvulkanismus in der Eifel“). Sie verkieselten die permischen Sandsteine und machten sie besonders hart und wetterresistent. So wurden sie nicht wie das umliegende Gestein erodiert (seit der Kreidezeit sind 100 m Sedimente abgetragen worden) und stehen bis heute als „Kuppen“-Zeugen vergangener Karbon/Perm – und Kreide – Zeiten neben dem Scheuerhof.

Heilige Orte sind wie Telefonzellen, wo die Kräfte und Impulse aus der Natur von uns Menschen verstanden werden

Die Kogi zog es deutlich zu den beiden Kuppen – Neuerburger Kopf und Lüxemberg – und sie bezeichnen sie als heilige Orte, wo sich die spirituellen Väter und Mütter treffen, sich austauschen, die Naturelemente verwalten und „großräumige Strategien“ für die Landschaft festgelegen. Ein entscheidendes Thema ist das Wassermanagement, denn Wasser verbindet alles miteinander und verbreitet Informationen nach überall – dabei sollte das Wasser am besten unbelastet und ursprünglich sein. Und jetzt ist die Zeit, wo sich die spirituellen Väter und Mütter weltweit besprechen, wie es weiter gehen soll.
Grundsätzlich empfehlen uns die Kogi, solche heiligen Orte aufzusuchen, denn hier können wir die natürlichen Gesetze wahrnehmen und verstehen – halt wie eine Art natürlicher Telefonzelle, um mit der Natur zu kommunizieren.

Leider ist der Neuerburger Kopf teilweise bebaut, ganz oben gibt es einen kleinen Funkmast und eine Rasthütte und auf dem Weg nach oben wurde ein künstlicher Wasserspeicher mit Wasserrohren in den Berg eingebracht. Sie sind Teil eines weiträumigen menschlichen Eingriffes in den natürlichen Wasserhaushalt, der auch in den Grundwasserentnahmestellen auf den umliegenden Feldern sichtbar wird. Nach dem Empfinden der Kogi gehören alle diese Eingriffe durch den Menschen nicht an einen heiligen Ort. Bringen sie doch die natürliche Ordnung aus der Balance – das betrifft vor allem die Verteilung des Wassers sowohl in der Erde (Grundwasser) als auch oberirdisch (Regen). Und denkt man an die aktuellen Trockenperioden und Startregenfälle, scheint das natürliche hydrologische und hydrogeologische System ja wirklich irgendwie in Unordnung geraten zu sein.

Trotz dieser „Störungen“ empfehlen uns die Kogi den Gipfel des Neuerburger Kopf als einen Versammlungsort für die Gemeinde zu nutzen, um lokale Planungen zu diskutieren und Entscheidungen zu treffen. So wie es die natürlichen Kräfte hier auch tun! So könnten vielleicht Lösungen entsprechend der natürlichen Ordnung und zum Schutz der Umwelt gefunden werden – bewusst oder unbewusst- inspiriert von der Natur.

Geomantisches Seelenbild „Neuerburger Kopf“
Dass der Scheuerhof Permakultur von Viviane Theby und Karl Reißner, die mit ihrem ganzheitlichen Weidemanagement (das man hier übrigens auch erlernen kann) eine stete Verbesserung der Böden anstreben, gerade am Fuße des Neuerburger Kopfes liegt, ist sicher kein Zufall. Für mich tragen beide zusammen die lebendige Möglichkeit einer sich gegenseitig unterstützenden Symbiose und die Wiederherstellung der natürlichen Balance in sich: das Hüten eines heiligen Ortes und die kraftvolle Unterstützung aus der Natur für die Produktion gesunder Nahrungsmittel.

Die Reise zu den Kogi und dem Scheuerhof hat mir persönlich die Bestätigung geschenkt hat, dass die sensitive Wahrnehmung unserer Umwelt so sehr wertvoll ist und stets Basis für unsere Planungen sein sollte, um wirklich nachhaltig handeln zu können. Ich werde in Zukunft deshalb verstärkt an dieser Aufgabe festhalten und versuchen viele Planer und Gestalter dafür zu inspirieren, damit wir, unsere Umwelt, unsere Tiere und unser Klima die Chance haben, wieder in Balance kommen zu können.

Durch den Hinweis von Anja von Soilify (Plattform zur Förderung der regenerativen Landwirtschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz) auf einen besonderen Berg, habe ich vor dem Start des Workshops ein geomantisches Bild des Neuerburger Kopfes gezeichnet: Für mich stellt sich der Neuerburger Kopf als ein „feuriger“ Dom dar, auf dessen Kuppel ein großer Baum mit weit in das Land reichenden Ästen steht. In ihm selbst wächst ein neuer Baumsprössling heran. Seine Wurzeln reichen weit in das Erdinnere und verbinden sich gleichzeitig netzartig mit dem umliegenden Land. Unter dem mächtigen Wurzelwerk befindet sich eine tiefe Wasserquelle.
Nach Fertigstellung des Bildes hat es mich an Yggdrasil – den legendären Weltenbaum, der alle Kräfte und alles Wissen in sich trägt – erinnert.

Stefanie von Kompostino.
Damit toter Boden wieder lebendig wird und seine natürliche Speicherfähigkeit für CO2 und Wasser wiedererlangt.

Geologische Karte „westliche Vulkaneifel“ und „Wittlicher Senke“. Hier befinden sich die Kuppen Neuerburger Kopf und Lüxemberg, geformt aus verkieselten Sandsteinen, die der Erosion standgehlten haben.  W.Meyer: Geologie der Eifel.

Biologische Kohlenstoffspeicherung

Biologische Kohlenstoffspeicherung

Wie aus CO2 Bodenkohlenstoff wird

Liquid carbon pathway beschreibt den Prozess, bei dem gasförmiges Kohlendioxid aus der Atmosphäre in Bodenhumus umgewandelt wird. Diese „biologische Kohlenstoffspeicherung“ beginnt mit der Photosynthese, die Luft-CO2 in Kohlenhydrate umwandelt (und so die Pflanze mit Fetten und Eiweißen versorgt) und endet in einer kohlenstoffreichen Bodenmatrix durch Wurzelausscheidungen der Grünpflanze.

Die entscheidende Rolle spielen dabei die Spezies der Pflanze, die Artenvielfalt und ein ausgeprägtes Wurzelsystem: Je biodiverser, kräftiger und tiefgreifender die Wurzeln desto mehr CO2-Speicherung ist möglich.

Sowohl beim Holz als auch beim Humus ist die Umwandlung in Kohlenstoffverbindungen ausschlaggebend, um CO2 dauerhaft zu speichern: Bei Bäumen und Sträuchern ist es der Prozess der Verholzung und in Böden ist es die Humifizierung.

Der Humifizierung gegenüber steht die Mineralisierung. Sie zersetzt tote Biomasse wie z.B. Ernterückständen vollständig – typischerweise an der Bodenoberfläche. Dabei entstehen gelöste anorganische Stoffe wie Mg, Fe, N, die die Pflanze als Nährstoffe über ihre Wurzeln erneut aufnimmt. Dieser organische Anteil im Boden heißt deshalb Nährhumus. Im Nährhumus wird nur labiler Kohlenstoff gespeichert, der schnell als CO2 erneut in die Atmosphäre entweicht.

Der meiste humifizierte Kohlenstoff im Boden stammt vom „löslichen Kohlenstoff“ aus der Pflanze, die über ihre Wurzeln einen Cocktail an organischen Verbindungen (z.B. Zucker, Aminosäuren, organische Säuren, Hormone und Vitamine) in den Boden abgibt. Eine wichtige Rolle spielt hier die symbiotische oder assoziative Wechselbeziehung zwischen Wurzeln und der Mikroflora des Bodens (Pilze und Bakterien), die Nährstoffe aus dem Boden im Austausch gegen Kohlenstoff an die Pflanze liefern.

Die Wurzelexsudate wiederum sind Nahrung für Bodenmikroben, die für die Umwandlung der toten Biomasse in hochmolekulare organische Stoffe zuständig sind.

Aus Pflanzenkohlenstoff entsteht so mikrobieller Bodenkohlenstoff. Kohlenstoffbindungsraten in der Größenordnung von 5-20 Tonnen CO2 pro Hektar und Jahr sind dann möglich.

Ergänzend verkitten Bodenmikroben das organische Material mit kleinsten mineralischen Bodenteilchen (Tonminerale) zu stabilen organo-mineralische Komplexen. So entsteht eine stabile Bodenmatrix mit hoher Beständigkeit gegen mikrobielle und oxidative Zersetzung. So bleibt atmosphärischer Kohlenstoff über Hunderte von Jahren fest gebunden und sorgt sogar dafür, dass Wasser vollständig im Boden versickert und gespeichert wird.

Stefanie von Kompostino.
Damit toter Boden wieder lebendig wird und seine natürliche Speicherfähigkeit für CO2 und Wasser wiedererlangt.

Straßenbegleitgrün auf nährstoffarmen Standort, Lkr. Fürth, Foto A.M. Bartsch 2019

CO2 Speicher innerstädtischer essbarer Wildpflanzenpark, Mönchengladbach, Planung: M. Koppmann, 2021; Foto: © Stadt MG 2021

CO2 Speiche innerstädtische solidarische Landwirtschaft Berlin Frohnau.
Foto Elisabeth Krämer 2020
CO2- und Wasserspeicher innerstädtische Blüh-, Wasserretentions- und Badeflächen, Malzfabrik Berlin, Foto St.Harwart 2021
Der Natur ausgesetzt

Der Natur ausgesetzt

Der Natur ausgesetzt

Auf Bioböden wachsen starke Pflanzen

Je nach Stoffgruppe sind die Gehalte an sekundären Pflanzenstoffen in biologischen Lebensmitteln ca. 20 % höher als in konventionell erzeugten Lebensmitteln.

Ist der Boden fruchtbar, so setzt sich die Fruchtbarkeit in den Pflanzen fort und die Pflanzengesundheit überträgt sich auf Tiere und Menschen. Davon ist der Experte für Humuswirtschaft Erhard Henning (1906 -1998) überzeugt. Der Gedanke, dass die Gesundheit von Böden, Pflanzen, Tieren und Menschen miteinander verbunden ist, ist nicht neu – allerdings immer noch nicht eindeutig verstanden.
Grundsätzlich besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit von Bodennährstoffen, dem Pflanzenwachstum und dem Mineraliengehalt im Gewebe.

Gesunde Böden – gesunde Pflanzen – gesunder Mensch

  • Der Boden ist der Darm der Pflanzen. Hier beginnt Gesundheit.
  • humusaufbauende Anbaumethoden haben positiven Einfluss auf die Nährstoffe in den Pflanzen.
  • Pflanzen aus der ökologischen und biologischen Landwirtschaft müssen sich verstärkt gegen natürliche Kräften schützen und bilden dadurch für Mensch und Tier gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe.

Allerdings ist es in Wirklichkeit so einfach leider nicht, wenn man bedenkt, dass Pflanzensorten, Alter und Zeitpunkt der Ernte Nährstoffgehalt beeinflussen. Noch komplizierter wird es dadurch, dass Nährstoffe in der Pflanze unterschiedlich beweglich sind und sich in Pflanzenteilen (Wurzel, Stängel, Blatt, Frucht) verschieden stark anreichern. Hinzu kommen die vielfältigen Prozesse im Boden, die die Art und Menge von Nährstoffen bereitstellen und die Maßnahmen, mit denen wir Menschen (Art der Düngung, Schnitt, Schädlingsbekämpfung und Lagerung) versuchen, die Produktqualität zu beeinflussen.

Nach der Humustheorie von Aristoteles (384 v.Chr – 322 v. Chr.) und der Humuslehre von Hans-Peter Rusch (1906 – 1977) ist der Boden der Darm der Pflanzen, dessen Ziel es ist, Verdauungsarbeit zu leisten. So wie Verdauungsvorgänge im Mund, Magen und Darm des tierischen und menschlichen Organismus die zugeführte Nahrung mechanisch, chemisch und mikrobiell zerkleinert, übernimmt dies für die Pflanzen der Boden. Hier fressen, stückeln, verdauen zahlreiche Kleinsttiere, Mikroben und Mikroorganismen organischen Abfall und legen Nährstoffe sowie komplexe Verbindungen für die Pflanzen frei. Sie werden dabei von Regen, Sonne, Wind, Hitze und Frost unterstützt. Das tiefer liegende Ursprungsgestein liefert weitere wichtige Nährstoffe.

Landwirtschaftliche Systeme können die Pflanzengesundheit fördern. Dies belegen viele aktuelle Studien. In Böden, deren Humusaufbau durch biologische Anbaumethoden gefördert wird, ist z.B. der Anteil an Bodenporen hoch. Hier können Pflanzenwurzeln leicht und fein verzweigt wachsen und gut an notwendige Nährstoffe gelangen. Poren sind auch Wasserreservoire für regenarme Perioden und belüften den Boden, sodass Fäulnis verhindert wird. Durch günstige pH-Werte werden festgelegte Nährstoffe mobil und damit pflanzenverfügbar, schädliche Stoffe dagegen wie z.B. Schwermetalle werden festgelegt. Und die natürliche Gemeinschaft aus Kleinstlebewesen und Mikroorganismen im Boden reduziert das Krankheitspotenzial der Pflanzen, weil sich Schädlinge und ihre natürlichen Feinde selbst regulieren.

Pflanzen brauchen Energie in Form von Licht und Materie in Form von anorganischen Verbindungen (CO2, H2O, NO3-, H2PO4-) oder Ionen (z.B. Mg2+, Ca2+, K-, Cl- ), um organische Verbindungen für ihr eigenes Pflanzenwachstum herzustellen. Für uns Menschen und die Tiere sind das essentielle Verbindungen (z.B. Vitamine, Fettsäuren und Aminosäuren, energiereiche kohlenstoffhaltige organische Verbindungen).

Jüngste Vergleiche zwischen ökologischen und konventionellen Produkten zeigen, dass biologisch angebautes Gemüse verstärkt diese sekundären Pflanzenstoffe bilden. Ursache ist möglicherweise verstärkter Pflanzenstress. Denn, sind Pflanzen durch Trockenheit, Hitze, Kälte, Insektenfraß, Bakterien, Pilze, Viren oder Abknicken gestresst, bilden sie verstärkt Abwehr- und Regenerationsstoffe – die sekundären Pflanzenstoffe.
In der ökologischen-biologischen Landwirtschaft erfahren Pflanzen Stress, weil sie sich durch den Verzicht von Insektiziden und Pestiziden gegen Schad- und Krankheitserregern schützen müssen.

 

Dr. Stefanie Harwart
Initiatorin von www.kompostino.de
wenn der Blumenkompost vom Bioacker lernt: Edelkomposterde fixfertig für Minifarmen

Heißgemacht und festgelegt

Heißgemacht und festgelegt

Heißgemacht und festgelegt

Mit Pflanzenkohle lässt sich Kohlenstoff langristig binden
erschienen im Naturmagazin Ausgabe 1/2019 

etwa 22.000 Pflanzenarten gedeihen im Berliner Botanischen Garten und erfreuen tagtäglich dessen Besucher. Naturgemäß erzeugt jede Pflanze irgendwann abgestorbene Biomasse, sei es als herabfallendes Laub im jährlichen Zyklus oder als organischer Rest am Ende der Lebenszeit. Botanische Gärten benötigen zudem nicht unerhebliche Mengen Kompost. Beides miteinander zu kombinieren erscheint naheliegend, ist jedoch – vor allem, wenn dies besonders klimafreundlich erfolgen soll – gar nicht so einfach. Von 2010 bis 2015 wurde daher auf dem Kompostplatz, in den Gewächshäusern und im Versuchsgarten des Botanischen Gartens Berlin-Dahlem umfangreich experimentiert, und nach einer geeigneten Lösung gesucht.

Der Schlüssel zum klimafreundlichen Kompost liegt in der Pflanzenkohle, dessen sind sich die Mitarbeiter des Modellprojekts TerraBoGa an der Freien Universität Berlin sicher. Sie enthält Strukturen, die in Böden nur schwer zersetzt werden. Im Vergleich zu anderen humusaufbauenden Materialien – wie Kompost, Stallmist oder Ernterückstände – verläuft der Abbau von Pflanzenkohle stark verlangsamt. Der Kohlenstoffanteil im Boden wird durch Pflanzenkohlenzugabe deutlich erhöht und die Pflanzenkohle bleibt dort über Jahrhunderte stabil gebunden. Pflanzenkohle wird damit zur Senke für Kohlenstoff und kann über die CO2-Aufnahme der Pflanzen zu einer Abnahme der CO2-Konzentration in der Atmosphäre beitragen.

Pflanzenkohle entsteht, wenn kohlenstoffreiches Material unter Sauerstoffabschluss und Temperaturen zwischen 350°C und 1000°C zersetzt wird (Pyrolyse). Da die verwendete Biomasse ihre Struktur dabei beibehält, ist Pflanzenkohle neben ihrer hohen Abbaustabilität auch noch auffällig porös. Das ist für die Weiterverwendung als Bodenverbesserer wichtig, denn die Poren bieten viel Platz für Wasser und Nährstoffe, was für gutes Pflanzenwachstum sorgt. Der positive Einfluss von Pflanzenkohle, sowohl auf die Bodeneigenschaften als auch auf den Ernteertrag, ist mehrfach wissenschaftlich belegt: Beispielsweise konnten nach Pflanzenkohlezugabe eine Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit, höhere Nährstoffgehalte sowie günstigere pH-Werte nachgewiesen werden.

Karbonisierungsanlage zur Herstellung von Pflanzenkohle im Botanischen Garten Berlin-Dahlem

Kompostversuch zur Verwertung von Festmist mit Pflanzenkohle

Pflanzenkohle entsteht, wenn kohlenstoffreiches Material unter Sauerstoffabschluss und Temperaturen zwischen 350°C und 1000°C zersetzt wird (Pyrolyse). Da die verwendete Biomasse ihre Struktur dabei beibehält, ist Pflanzenkohle neben ihrer hohen Abbaustabilität auch noch auffällig porös. Das ist für die Weiterverwendung als Bodenverbesserer wichtig, denn die Poren bieten viel Platz für Wasser und Nährstoffe, was für gutes Pflanzenwachstum sorgt. Der positive Einfluss von Pflanzenkohle, sowohl auf die Bodeneigenschaften als auch auf den Ernteertrag, ist mehrfach wissenschaftlich belegt: Beispielsweise konnten nach Pflanzenkohlezugabe eine Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit, höhere Nährstoffgehalte sowie günstigere pH-Werte nachgewiesen werden.

Im Botanischen Garten von Berlin wird die Pflanzenkohle direkt vor Ort hergestellt  und den eigenen Pflanzenabfällen während der Kompostierung zugeführt. Der Einkauf von extern hergestelltem Komposten kann somit vermieden und die Entsorgung von pflanzlichen Abfällen minimiert werden. Die CO2-Bilanz des Botanischen Gartens verbesserte sich dadurch deutlich. Ein Vergleich der Klimabilanz vor und nach erfolgter Kreislaufschließung zeigt, dass die Emission von ursprünglich 130 Tonnen CO2eq auf bis zu minus 69 Tonnen CO2eq gesenkt werden können.

Ergebnisse aus dem Botanischen Garten Berlin Dahlem

Durch den Einsatz von Pflanzenkohle wurde im Forschungsvorhaben TerraBoGa die Reduzierung von CO2-Emissionen erreicht.
Neben der Zugabe von Pflanzenkohle zum betriebseigenen Kompost konnte dieses gute Ergebnis erreicht werden, weil eine Mehrfachnutzung der Pflanzenkohle umgesetzt wurde. Ein gut aufeinander abgestimmtes Pflanzenkohlesystem wurde entwickelt:

1. Aus hundert Tonnen Stammholz, Ast- und Strauchschnitt wurde mittels Pyrolyse Pflanzenkohle betriebseigen hergestellt. 74 Tonnen CO2 wurden hierdurch nachhaltig aus der Atmosphäre entfernen.

2. Beim Pyrolyseprozess wird Wärme frei, die für die Heizung von Gebäuden genutzt wird. Dadurch können 40 Tonnen CO2 durch den Ersatz fossiler Brennstoffe eingespart werden.

3. Während der Kompostierung wird Pflanzenkohle den pflanzlichen Abfällen beigemischt. Das minimiert die Freisetzung von CO2 und weiteren Treibhausgasen wie Methan, Lachgas und Ammoniak (24 bis 43 Prozent Reduktion).

4. Die Anwendung von Pflanzenkohle führte zur deutlichen Aufwertung des betriebseigenen Komposts und eines kontrollierten Kompostierungsvorganges.
Die Nutzung des eigenen Kompostmaterials konnte verbessert werden und führte zu der im Projekt angestrebten Schließung von Stoffkreisläufen. Der Einkauf von externen Komposten wurde gänzlich eingestellt und die Entsorgung von Grünschnitt minimiert.

Ausblick

Die im Botanischen Garten gewonnen Erfahrungen sollen nun auch im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde im Rahmen des Forschungsvorhaben CarboTIP genutzt werden. Auch dort soll das Abfallmanagement auf Basis der Pflanzenkohletechnologie verbessert werden. Holzige Restbiomassen und Grünschnittabfälle, unzählige Laubmengen und Tiermist müssen verwertet und in ein Kreislaufsystem eingebunden werden. Dafür wird die mit Mist und Grünschnittabfall hergestellte Komposterde (Abb. 2) mit Hilfe von Pflanzversuchen weiter untersucht. Erprobt werden soll auch, ob sich Laub für die Herstellung von Pflanzenkohle eignet. Für die anfallenden Laubmengen könnte das – sowohl für den Tierpark als auch für ganz Berlin – eine interessante Alternative zur jetzigen Verwertung darstellen, bei gleichzeitiger Kohlenstoffspeicherung und Klimaentlastung.

Dr. Stefanie Harwart
Initiatorin von www.kompostino.de

Dr. Robert Wagner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „CarboTiP“ und „Pflanzenkohle-BBNE“ an der FU Berlin, AG Geoökologie

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